Mehr als Weihnachtsgeschichten

„The same procedure as every year, James,” heißt es an Silvester im Lieblingssketch der Deutschen „Dinner for One“. Ähnliches lässt sich über das Saalfelder Weihnachtsbüchlein sagen. Alljährlich erscheint die Broschüre im Dezember, mittlerweile im 112. Jahrgang, und bei ihrer Vorstellung zieht das Saalfelder Stadtmuseum Jahresbilanz. Die gleiche Prozedur seit 24 Jahren.
Im Weihnachtsbüchlein werden seit 1854 ausgewählte Beiträge zur Saalfelder Kunst-, Kultur- und Zeitgeschichte veröffentlicht. Neun sind es in der 2015er Ausgabe. Eingangs erläutert Renate Ehrhardt, wie aus kleinen Aqulianern kleine Franziskaner wurden und stellt die Aktivitäten der „Freunde des Stadtmuseums“ 2014/2015 vor. Museumsdirektor Dr. Dirk Henning veröffentlicht gleich zwei Beiträge: „Schatzkammer Museum: Brakteaten“ und „Vom Leben zum Tode – Scharfrichter und Hinrichtungen in Saalfeld“. Henning ließ bei der Präsentation am 7. Dezember die etwa 60 Besucher wissen, dass Brakteaten Münzen oder Medaillen sind, die einseitig aus einem dünnen Metallblech (lat. „bractea“) geprägt wurden.
Anlässlich des 80. Geburtstages der Stadt- und Kreisbibliothek beleuchtet Mitarbeiterin Cornelia Hockarth die „Bibliothek Saalfeld im Dritten Reich unter Berücksichtigung der Saalfelder Evangelischen Bücherei und der Arbeiterbibliothek“. Den mit 40 Seiten umfangreichsten Beitrag liefert Jürgen Tauchen mit Gedanken über „verwehte Spuren“ zum Thüringer Königreich. In gleich zwei Beiträgen widmen sich dem Schaffnerhof des ehemaligen Franziskanerklosters sowohl Dr. Gerhard Werner als auch Dr. Ines Spazier vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, die ebenfalls die Ausgrabungen hinter dem einstigen Klosterareal in diesem Jahr leitete. Posthum fanden die „Geschichte und Geschichten zum Haus Pößnecker Straße 50 in Saalfeld“ von Wolfgang Fraustadt Eingang in das Saalfelder Weihnachtsbüchlein 2015.
Das zweite, 140 Seiten starke Weihnachtsbüchlein im Farbdruck entstand mit Unterstützung der Kreissparkasse Saalfeld-Rudolstadt sowie des Rotary-Club Saalfeld/Saale.
Im Jahresrückblick zeigte Dr. Henning ein engagiertes Stadtmuseum im 111. Jahr seiner Eröffnung auf, das Ende November – bei 4 Prozent Zuwachs – 17 600 Besucher verzeichnete. „Zugpferd waren erneut die fünf Sonderausstellungen z. B. ‚Saalfelder auf Reise‘“ und zum Maler Franz Huth“, sagte der Museumsdirektor. Dank vielfältiger finanzieller Hilfen waren Restaurierungen u. a. von Notendrucken des 16. Jahrhunderts, einer Armbrust aus dem 17. Jahrhundert und von Portraits und Grundrissen möglich. Weiter führte Dr. Henning aus, dass „unterstützt durch den Freundesverein die historische Ladeneinrichtung der Drogerie ‚Sonnekalb‘ aus Rudolstadt angekauft wurde und zukünftig nicht nur die aktuelle Weihnachtsaustellung bereichern wird.“ Neben dem Sammeln, Bewahren und Vermitteln widmete sich das Museum mit zwei Sonderbändern der Museumsreihe „Saalfeld – immer eine Reise wert“ und „Familie Hüther auf Reisen“ auch dem Erforschen.
„50 Prozent weniger Personal, steigende Eintrittspreise und eine Sonderausstellung weniger markieren 2016“, bedeutete Dr. Henning das kommende Museumsjahr und blickte dennoch mit den Themen der geplanten Sonderschauen optimistisch voran. Der ersten Sonderausstellung im April 2016 mit dem Thema „Von Saalfeld nach Windsor“ als Beitrag zur Ernestiner-Landesausstellung folgen die Personalausstellung zum 80. Geburtstag von Carlo Hirschel sowie am Tag des offenen Denkmals eine Wanderausstellung zu den Hospitälern in Thüringen, mit dem Saalfelder Siechenhaus als lokalem Bezug. Das Jahr 2016 beschließt im November die Ausstellung „Kinderzeit – Kaiserreich bis DDR“.
Fast nebenbei und doch wesentlich war am Ende der Buchvorstellung die Spendenübergabe von Vizebürgermeisterin Bettina Fiedler, zumal traditionell der Reingewinn aus dem Verkauf des Weihnachtsbüchleins wohltätigen Zwecken zu Gute kommt. Zuvor lobte Fiedler allerdings die Arbeit des Museums und ermutigte den Museumsdirektor „als Kapitän die Talsohle zu durchschiffen“. Die Weihnachtsspende nahm in diesem Jahr Martin Spitzer für die Begegnungsstätte in Beulwitz entgegen.
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